Pressemitteilung 150/2002


Wie wird der monatliche Preisindex für die Lebenshaltung berechnet?

Seit Wochen wird in der Öffentlichkeit diskutiert, ob die von der amtlichen Statistik ausgewiesenen moderaten Preissteigerungen solide seien, da es sich dem Verbraucher im Alltag vielfach anders darstellt. Subjektive Empfindungen können natürlich auf allen Gebieten des Lebens von mathematisch errechneten Ergebnissen abweichen. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um einen statistischen Durchschnittswert handelt.

Zunächst ist anzumerken, dass das angewendete mathematisch-statistische Verfahren der Preisberechnung in Deutschland durchaus den Verfahrensweisen anderer Länder entspricht und den Vorgaben der Europäischen Union (die z.B. eine harmonisierte Teuerungsrate für die EU ermittelt) in jeder Hinsicht gerecht wird.
Die amtliche Statistik ist neutral und objektiv. Aber auch so genau wie möglich oder so genau wie notwendig. Dies ist von der Bedeutung und Verwendung des Statistikergebnisses abhängig.
Für die Preisstatistik gilt: - so genau wie möglich -.
Dahinter verbirgt sich immer ein hoher Ermittlungsaufwand zur Absicherung der Ergebnisse. In Thüringen stellt sich das wie folgt dar:

Jeden Monat vom 10. bis 15. Kalendertag ermitteln in Thüringen ca. 40 Preisermittler in ca. 1 200 Geschäften zu 629 Waren- und Dienstleistungspositionen ca. 20 000 Einzelpreise. Dabei werden durchschnittlich jeden Monat 2 000 bis 3 000 Preisveränderungen beobachtet.

Diese finden ihren Niederschlag in der Berechnung des Preisindex für die Lebenshaltung, der vielfach auch als Teuerungsrate bezeichnet wird.

Um eine Aussage über die Wirkung der festgestellten Preisveränderungen (Erhöhungen und Senkungen) auf die Teuerungsrate zu bekommen, werden diese gewichtet.
Dies geschieht mit einem bestimmten Prozentanteil, den die Haushalte im Durchschnitt für eine jeweilige Position ausgeben, z.B. 0,3 Prozent ihrer Ausgaben für die Position „dunkles Mischbrot“.

Diese Verbrauchsanteile werden jeweils aus den Haushaltsstatistiken „Laufenden Wirtschaftsrechnungen“ und „Einkommens- und Verbrauchsstrukturen“ im Abstand von 5 Jahren neu berechnet.
Auch in Thüringen haben schon eine beträchtliche Anzahl von Haushalten für diese Statistik akribisch genau jeden Monat alle Einkaufspositionen aufgeschrieben.
Bezogen auf unser obiges Beispiel bedeutet dies, dass Preisveränderungen bei dunklem Mischbrot sich nur mit einem Anteil von 0,3 Prozent im errechneten Preisindex widerspiegeln.
Dieses Verfahren läuft für alle 629 Positionen des Warenkorbes in gleicher Weise ab. Dazu kommen noch durch das Statistische Bundesamt, zentral für Deutschland nach einheitlichen Verfahren ermittelte Preisveränderungen bei 297 Positionen.


In den 629 in Thüringen erfassten Positionen sind neben Nahrungsmitteln natürlich auch

· Rundfunk- und Fernsehgebühren
· Schnittblumen
· Hundefutter
· Telefongebühren
· Postdienstleistungen
· Entgelte für Kindergärten
· Mieten verschiedener Wohnungstypen
· Benzinpreise
· Strompreise

Alle Waren und Dienstleistungen finden sich in 12 Hauptgruppen wieder.

Die 4 Hauptgruppen mit den höchsten Gewichtsanteilen sind

· Wohnung, Wasser, Strom und andere Brennstoffe mit 24,3 Prozent
· Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke mit 14,7 Prozent
· Verkehr mit 14,5 Prozent
· Freizeit/Unterhaltung und Kultur mit 11,1 Prozent


Preisänderungen innerhalb dieser 4 Hauptgruppen wirken sich quantitativ in besonderen Maße aus, d.h. z.B. dass der beträchtliche Rückgang der Fleischpreise zum Vorjahr die aktuelle Teuerungsrate erheblich beeinflusst.
Preiserhöhungen z.B. für Balkonblumen mit 0,1 Prozent Wägungsanteil oder auch für Gaststättenpreise mit 1,5 Prozent Wägungsanteil spiegeln sich im statistischen Durchschnitt in Kombination mit unveränderten Mietpreisen oder sinkenden Gaspreisen kaum wider. Dennoch empfindet der Käufer für Balkonblumen oder der Gaststättenbesucher diese Preiserhöhung als unzumutbar.

Inwieweit nun der Preisindex für den einzelnen Haushalt zutrifft, ist weitgehend davon abhängig, ob seine Ausgaben der durchschnittlichen Verbrauchsstruktur entsprechen.
Die amtliche Statistik passt jeweils alle 5 Jahre diese Verbrauchsstruktur auf Basis neuester Ergebnisse aus den Haushaltsstatistiken an und aktualisiert im gleichen Abstand die 629 Warenpositionen. Nicht mehr umsatzwirksame Positionen werden ausgetauscht (z.B. Kassettenrecorder durch CD-Player) oder es werden neue Positionen aufgenommen.
Die nächste Aktualisierung der Verbrauchsstruktur erfolgt im Jahre 2003.

Erfurt, den 30. Mai 2002


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